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Channel: Comments on: Le gouvernement de soi et des autres: Zu Auftrittsverboten für türkische Regierungsmitglieder
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Von: Matthias Goldmann

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Sehr geehrter “Bernd”,

haben Sie besten Dank für den Hinweis, dass § 31(1) BVerfG auch die Gründe erfasst. Das war mir gestern Abend nicht bewusst, ist aber vollkommen einleuchtend. Ich bin derzeit im Ausland und habe leider keinen BVerfGG-Kommentar zur Verfügung.

Versuchen Sie aber dennoch, einmal ganz praktisch zu denken. Versetzen Sie sich in die Lage eines Rechtsanwalts, welcher gegen ein Auftrittsverbot vorgehen möchte. Können Sie in Ihrem Schriftsatz den Beschluss vom Freitag einfach ignorieren? Ich denke, die Antwort ist eindeutig nein. Dafür ist es völlig egal, ob hier ein Prozess- oder Sachurteil vorliegt. Das ist dogmatisch gesehen das Entscheidende.

Mit “Beerdigung erster Klasse” meine ich eine mit Gründen versehene Nichtannahme, wie im vorliegenden Fall. So ist mir diese Begrifflichkeit geläufig. Ich habe das vor vielen Jahren so von dem zwischenzeitlich verstorbenen Dieter Blumenwitz gehört. Und so selten ist eine solche Entscheidung übrigens gar nicht – vielleicht nicht prozentual gesehen, doch in absoluten Zahlen schon. Leider konnte ich aus den Jahresstatistiken des BVerfG auf die Schnelle keine Zahlen hierzu herausfinden. Falls Sie solche Zahlen haben, wäre ich daran interessiert. Aber schauen Sie selbst einfach die aktuellen Entscheidungen auf der Website des BVerfG durch (http://www.bundesverfassungsgericht.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Entscheidungensuche_Formular.html?language_=de): nach meinem Eindruck sind mehr als die Hälfte der dort aufgeführten Entscheidungen mit Gründen versehene Nichtannahmeentscheidungen. Die einfach zu ignorieren würde bedeuten, einen den Großteil der Arbeit des Gerichts zu übersehen.

Und wie ich bereits sagte, das besondere an dem Fall ist ja gerade, dass hier Gründe gegeben werden, die weit in das materielle Recht hineinreichen, aber höchst selektiv sind. Das ist allemal einer Erörterung wert, zumal ein Gericht wie das BVerfG nach aller Wahrscheinlichkeit diese Gründe sorgfältig abwägt und nur anbringt, wenn es sich sicher ist, in der nächsten Sachentscheidung nicht gleich schon wieder davon abweichen zu müssen.

Übrigens finde ich es schade, dass Sie hier unter dem Schleier der Anonymität bleiben. Sie mögen dafür Ihre Gründe haben, aber dem Umgangston ist es auf jeden Fall abträglich.

Mit bestem Gruß,
Matthias Goldmann


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